„Recht auf Vergessenwerden“ – Der BGH entscheidet über Löschungsbegehren gemäß Art. 17 DS-GVO gegen den Internetsuchdienst Google
Der BGH hat im Verfahren VI ZR 405/18 über den Umfang des Rechts auf Vergessenwerden geurteilt. Allgemein geht es dabei um die Verpflichtung von Verantwortlichen, Informationen die öffentlich gemacht wurden und für welche ein Grund zur Löschung besteht, auch tatsächlich zu löschen. Der Verantwortliche ist dann ebenso dazu verpflichtet, andere für die Datenverarbeitung Verantwortliche, die ebenfalls Daten des Betroffenen verarbeiten, darüber zu informieren, dass alle Links zu den Daten, Replikationen oder Kopien zu löschen sind. Der Klassische Fall für das Recht auf Vergessenwerden liegt bei Anbietern von Suchmaschinen, welche diese Pflicht erfüllen müssen.
Der Sachverhalt
In diesem Fall beschäftigte sich das Gericht deshalb auch mit Google. Der Kläger war Geschäftsführer eines Regionalverbandes einer Wohlfahrtsorganisation. 2011 berichtete die lokale Tageszeitung über Schulden dieses Regionalverbandes in Höhe von ca. einer Million Euro sowie die Krankmeldung des Klägers kurz zuvor. In diesen Berichten wurde der vollständige Name des Klägers veröffentlicht.
Der Kläger verlangte nun von Google, es zu unterlassen, dass diese Artikel und Berichte bei der Suche nach seinem Namen in der Ergebnisliste angezeigt werden. Das Landgericht wies diese Klage ab. Die Berufung des Klägers blieb erfolglos. Das Berufungsgericht ließ die Revision zu. Diese wurde jedoch vom für Ansprüche aus dem Datenschutzrecht zuständigen VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs zurückgewiesen.
Der Auslistungsanspruch gemäß Art. 17 Abs. 1 DS-GVO verlangt nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs sowie dem Beschluss des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts vom 06.11.2019 (1 BvR 276/17 – Recht auf Vergessen II) eine umfassende Abwägung der Grundrechte. Hierbei zu berücksichtigen sind die Schwere des Eingriffs in die Grundrechte der betroffenen Person (Art. 7, 8 GRCh), die Grundrechte der Beklagten, die Interessen der Nutzer und Öffentlichkeit sowie die Grundrechte der Anbieter der in den beanstandeten Ergebnislinks nachgewiesenen Inhalte (Art. 11, 16 GRCh).
Die Meinungsfreiheit auf der einen Seite und die Schutzrechte des Betroffenen auf der anderen sind hier als gleichberechtigte Grundrechte miteinander abzuwägen.
Nach all diesen Erwägungen haben die Grundrechte des Klägers hinter den Interessen der Beklagten sowie den auf deren Seite zu berücksichtigenden Interessen der Öffentlichkeit, der Nutzer und der für die verlinkten Artikel zuständigen Zeitung anzustehen.
Fazit
Dem Recht auf freie Meinungsäußerung und Information wurde mit diesem Urteil Rechnung getragen. Daraus lässt sich schließen, dass Betroffene auch bei negativer Berichterstattung über sich, nicht immer die Löschung ihrer Daten erzwingen können, wenn die Aussagen in der Berichterstattung korrekt sind. Sobald ein Interesse der Öffentlichkeit an diesen Informationen besteht, muss der Verantwortliche abwägen, welches Grundrecht überwiegt.
Der BGH hat hiermit eine erste Entscheidung zum Thema Recht auf Vergessenwerden getroffen und damit klar für das Recht auf Information Stellung bezogen. Für dieses Spannungsfeld zwischen Datenschutz in Informationsbedürfnis der Öffentlichkeit sind solche Urteile enorm wichtig, um klare Grenzen auszutarieren, wo die Grenzen des Datenschutzes und der Betroffenenrechte liegen.