Was verbirgt sich hinter „berechtigtes Interesse“?
Im Datenschutz stolpert man immer wieder über die Begrifflichkeit „berechtigtes Interesse“. Aber was genau versteht man denn nun darunter? Wann ist ein Interesse berechtigt? Und wie nutzt Ihnen dies? Das klären wir heute.
Ein Grundsatz für die Verarbeitung von Daten ist die Rechtmäßigkeit der Verarbeitung. Dieser Grundsatz wird in Art. 6 DS-GVO weiter spezifiziert. Dort findet sich eine ganze Auflistung von Punkten, von denen mindestens einer erfüllt sein muss, damit eine Datenverarbeitung rechtmäßig ist. Es handelt sich hierbei um ein Verbot mit Erlaubisvorbehalt. Einfach gesagt bedeutet das: Alles ist erstmal verboten, außer es ist erlaubt. Und was erlaubt ist, findet sich im Gesetz. In Kürze sind die in Art. 6 DS-GVO aufgelisteten Punkte, welche eine Rechtmäßigkeit bedingen, folgende:
- es liegt die Erlaubnis der betroffenen Person zur Verarbeitung Ihrer Daten vor;
- die Verarbeitung ist erforderlich, um einen Vertrag oder vorvertragliche Maßnahmen zu erfüllen;
- die Verarbeitung ist erforderlich, um einer rechtlichen Verpflichtung nachzukommen;
- die Verarbeitung dient dem Schutz lebenswichtiger Interessen;
- die Verarbeitung ist erforderlich für die Wahrnehmung einer Aufgabe im öffentlichen Interesse oder erfolgt in Ausübung öffentlicher Gewalt;
- die Verarbeitung ist zur Wahrung der berechtigten Interessen des Verantwortlichen oder eines Dritten erforderlich.
Wichtig zu bemerken ist, dass diese Punkte in keiner hierarchischen Rangordnung stehen, aber qualitative Unterschiede aufweisen. Jeder Punkt kann für sich oder in Verbindung mit weiteren Punkten die Rechtmäßigkeit begründen. Eine Einwilligung ist allerdings deutlich eindeutiger und konkreter als das berechtigte Interesse, welches als Punkt sehr offen formuliert ist und damit großen Spielraum lässt.
Für Sie bedeutet das, wenn Sie sich auf das berechtigte Interesser berufen wollen, bedarf es einer ausführlicheren und aufwendigeren Begründung.
Weiterhin muss eine genaue Abwägung der Interessen des Verantwortlichen und den Interessen, Grundrechten und Grundfreiheiten der betroffenen Person erfolgen. Hier müssen Sie außerdem beachten, dass eine Interessenabwägung immer nur im Einzelfall und nie pauschal getroffen werden muss. Damit das berechtigte Interesse als Rechtfertigungsgrund durchgeht, müssen Ihre Interessen als Verantwortlicher stets überwiegen oder mindestens gleichwertig sein.
Sie müssen also Prüfen:
- Liegt tatsächlich ein berechtigtes Interesse vor?
- Ist die Datenverarbeitung das mildeste Mittel? (Ist sie für den Zweck und das Interesse zwingend erforderlich und unabdingbar um den Zweck/das Interesse zu erfüllen?)
- Überwiegen die Interessen, Grundrechte, Grundfreiheiten der betroffenen Person nicht?
Die Bezugnahme auf Art. 6 Abs. 1 lit. f DS-GVO für die Rechtmäßigkeit der Datenverarbeitung ist nur dann legitim, wenn diese drei Punkte bejaht werden können. Handelt es sich bei der betroffenen Person um einen Minderjährigen, unterliegt die Interessenabwägung besonders strengen Anforderungen. Für Personen unter 16 Jahren gilt grundsätzlich, dass deren Interessen überwiegen.
Behörden können sich übrigens in Ausübung ihrer hoheitlichen Tätigkeit nicht auf den Art. 6 Abs. 1 lit. f DS-GVO berufen, da ihre öffentliche Aufgabenerfüllung stets einer gesetzlichen Grundlage bedarf. Bei außerhalb der Erfüllung öffentlicher Aufgaben liegenden Tätigkeiten, kann jedoch auf diesen Artikel zurückgegriffen werden, wie beispielsweise die Auswertung der Besuche ihrer Webseite.
Wie Sie sehen, gibt es einiges zu beachten und vor allem viel zu rechtfertigen, wenn man sich auf das berechtigte Interesse berufen will. Bestenfalls haben Sie stets eine andere Grundlage für die Rechtmäßigkeit der Verarbeitung parat und nutzen das berechtigte Interesse nur im Not- bzw. Einzelfall.