Bundesverfassungsgericht urteilt zur Bestandsdatenauskunft

Derzeit werden in den höchsten Gerichtsinstanzen wichtige Urteile gefällt, die Einfluss auf den Datenschutz und potentiell alle von Datenverarbeitungen betroffenen Personen haben. In diesem Fall hat das Bundesverfassungsgericht mit Urteil vom 27.05.2020 (BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom 27. Mai 2020 – 1 BvR 1873/13) über die Rechtmäßigkeit von Bestandsdatenauskünften geurteilt.

Was ist eine Bestandsauskunft?

In hier verhandelten Zusammenhang sind Bestandsdaten meist Informationen wie Name, Anschrift, Telefonnummer, IP-Adresse und weitere statistische Daten, die bei Telekommunikationsanbietern (Internetprovider, Telefongesellschaften) gespeichert werden. Der Gesetzgeber hat im Telekommunikationsgesetz Regelungen geschaffen, die es ermöglichen, dass bestimmte Behörden (z. Bsp. Gerichte, Polizeivollzugs- und Ermittlungsbehörden) diese Daten bei den Telekommunikationsanbietern abfragen können. Hierfür gibt es ein automatisiertes Auskunftsverfahren aber auch manuelle Auskunftsverfahren nach § 113 TKG. Im manuellen Auskunftsverfahren liegt der Knackpunkt, welchen das Bundesverfassungsgericht bemängelt hat. Behörden können einzelne Auskunftsersuchen bei den Telekommunikationsanbietern stellen, wobei in jedem Einzelfall die Rechtmäßigkeit dieses Auskunftsverlangens zu überprüfen ist. In den meisten Fällen verlangen Behörden Auskünfte zur Aufklärung von Straftaten. Die Kläger fühlten sich durch diese Praxis in ihren Grundrechten auf informationelle Selbstbestimmung und das Telekommunikationsgeheimnis verletzt und reichten eine Verfassungsbeschwerde ein.

Was wurde geurteilt?

Das Bundesverfassungsgericht musste nun darüber urteilen, ob eine solche Bestandsdatenauskunft verfassungskonform ist und wenn ja, unter welchen Voraussetzungen.

Das Gericht hat entschieden, dass die Bestandsdatenauskunft grundsätzlich zulässig ist, aber es fehlen gesetzliche Regelungen, die konkret klären, wann eine Auskunft zulässig ist. Dazu gehört insbesondere die Frage, in welchen Fällen welche Behörden welche Daten zu welchen Zwecken erfragen dürfen. Aus diesen vielen Unbekannten geht bereits hervor, dass der Gesetzgeber hier sehr unkonkret gearbeitet hat. Genau die hat auch das Gericht bemängelt.

Es wurde festgestellt, dass es an Eingriffsschwellen fehlt und dass Daten nur für konkrete Zwecke erhoben werden dürfen, ohne dass von den Behörden Datensammlungen ohne Zweckbezug angelegt werden dürfen. Damit hat das Gericht Datensammlungen und auch der Vorratsdatenspeicherung quasi eine Absage erteilt.

Im Ergebnis hat das Bundesverfassungsgericht mit diesem Urteil dem Gesetzgeber die Hausaufgabe erteilt, bis zum 31.12.2021 eine Konkretisierung der Regelungen zur Bestandsdatenauskunft vorzunehmen.  Die Verwendungszwecke müssen hinreichend begrenzt werden und es müssen konkrete Anlässe vorliegen, die eine Abfrage der Daten rechtfertigen.

Für den Datenschutz ist das Urteil insofern ein Fortschritt, als dass es Behörden zukünftig nicht mehr so einfach gemacht wird, Daten bei Telekommunikationsbietern abzufragen. Zudem dürfen keine Datensammlungen bei den Behörden angelegt werden. Es bleibt abzuwarten, wer sich zukünftig an dieses Urteil erinnern wird, wenn wieder einmal die politische Diskussion zur Vorratsdatenspeicherung debattiert wird.

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